Wir stellen uns grundsätzliche Fragen
23. Oktober 2023YONEX German Open 2024 vom 27.02.2024 bis 03.03.2024 in Mülheim an der Ruhr
27. Oktober 2023English version below.
In Brandenburg und Berlin gibt es einen Badmintonverein, der scheint die Dinge anders zu machen als die anderen und wenn wir dabei ausschließlich auf die Anmeldezahlen schauen, dann scheint dieses Andersmachen nicht die schlechteste Idee zu sein. Dieser Verein heißt VfB Kiefholz und ist in den letzten Jahren auf knapp 500 Mitglieder angewachsen. Was für eine Zahl?! Damit ist der Verein im BVBB mit Abstand der größte und gehört auch in Deutschland zu den größten.
Das wollten sich Christian Plunze und ich mal ansehen und besuchten am vergangenen Mittwoch die neue Trainingshalle in der Hänselstraße.
Den Bus, der mich in die Nähe des Trainingsortes bringen sollte, verließ ich versehentlich eine Station zu früh und lief durch das dunkle und teils verlassen wirkende Treptow. Von der Köpenicker Landstraße durch die Eichbuschallee weiter ein kleines Stück durch die namensgebende Kiefholzstraße und dann rechts in die Hänselstraße. Draußen schon dunkel. Kaum Straßenbeleuchtung, nur ein paar wenige Menschen unterwegs. Vorbei am Netto und einem Asia Bistro. Vor der Halle wartet Christian bereits. Ihn hatte das Auto pünktlich zum Treffpunkt direkt vor die Halle gebracht.
Wir also geben uns die Hand, plauschen kurz und laufen die letzten Meter zur Halle. Dort dann ganz andere Eindrücke als im Umfeld. Alles neu. Hell. Kaum Gebrauchspuren. Auf eine Weise beeindruckend, weil so selten (in Berlin). In der Halle kommen zwei Personen auf uns zu. Hanni (Hannaya-Hanni, stellv. Vorsitzende) und Lotti (Eva-Lotta, Öffentlichkeitsarbeit), so stellen sie sich vor. Henrik (der Vorsitzende), mit dem wir vorab in Kontakt waren, sei noch nicht da, wird uns gesagt. Wir aber werden mit einem Lächeln begrüßt. Wurden angekündigt.
Von da an erfahren wir enorm viel über den VfB Kiefholz und auch ein paar spannende Annekdoten aus der Badmintonwelt; beispielsweise, dass die Minions (Kevin Sukamuljo and Marcus Gideon, ehemaliges Nummereinsherrendoppel der Welt) ursprünglich den Cut in ihrer Heimat nicht schafften und mit zehn Jahren nicht im Kader Indonesiens waren. Erst nach privat bezahltem Training für den einen und einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Singapur für den anderen gelang der Sprung ins Team. So zumindest berichtet es uns Hanni; selbst aus Indonesien.
Aber zurück zum VfB Kiefholz. Christian und ich sammeln ein paar Facts. Training und freies Spiel in drei Trainingshallen. Zusammenarbeit mit Schule. Kürzlich erste Turnierausrichtung im BVBB. Acht Personen, die Training geben im Verein. Drei Teilnehmende an der aktuellen C-Trainer*innenausbildung. Vier Personen im Club besaiten Schläger für die Mitglieder. Bei den Kleinsten sind fast ausschließlich 5-7-Jährige in der Halle. Der Zulauf käme u.a. durch eine hohe Listung in google (durch viel Traffic) und dadurch, dass Personen, die einmal dabei waren, oftmals noch Freund*innen und Familie mitbringen. Einnahmen aktuell bei etwa 70.000 € durch Mitgliedsbeiträge.
Das alles erscheint mindestens beachtenswert. Ganz besonders wird der Verein allerdings dann, wenn wir uns die Herkunft der Mitglieder ansehen. Im Verein finden sich aktuell Menschen mit 56 verschiedenen Nationalitäten. Etwa 70% der Mitglieder besitzen keine deutsche Staatsbürgerschaft. Die Webseite oder zumindest einen Teil davon gibt es in zehn Sprachen. Alle Formulare gibt es auch auf Englisch. Trainingssprache in der Halle ist Englisch. So fühlen sich auch Personen wohl, die (noch) kein Deutsch können und dies auch bereits in der Anfrage mit angeben.
Einen treffenderen Slogan als „One Club all Nations“, der sich auf dem Ärmel des Trikots befindet, kann sich dieser Verein wahrscheinlich nicht geben. Aber nicht nur viele Nationen sind vertreten. Auch eine weite Anfahrt zum Sport wird in Kauf genommen. So fährt ein Vereinsmitglied von Spandau nach Treptow zum Training und das ist bei weitem nicht die längste Anreise. Ein Mitglied, so wird uns erzählt, komme immer mal wieder aus Cottbus und zwei Personen kommen aus Eberswalde, um im VfB Kiefholz zu spielen.
Dieses Andersmachen im VfB Kiefholz kann so falsch nicht sein.
Ich setze mich etwas abseits auf einen Kasten und lasse die Eindrücke wirken. Im Hintergrund höre ich Hanni, Lotti, Henrik und Christian reden. „Bei uns gibt es wenig Verbissenheit.“ Das spüre ich auch und in mir kommen Bilder aus meiner Zeit in anderen Ländern auf. Wahrscheinlich ist es u.a. das Erleben des Badmintonsports und dazu die englische Sprache von vielen nicht-Muttersprachler*innen. Es ist aber auch der Fokus auf dem Feld und der Ehrgeiz, den ich erlebe und der doch irgendwie anders wirkt als ich ihn oft aus Badmintonvereinen kenne. Eine gewisse Lockerheit sehe ich. Oder sehe ich sie besonders, weil ich sie von mir selbst nicht immer kenne?
Eine Spielerin kommt vom Feld. Sie holt sich Wasser. Unsere Blicke treffen sich und wir lächeln uns an. Auf dem Feld, auf dem sie eben spielte, waren vier Personen aus vier verschiedenen Ländern: Kanada, Philippinen, Taiwan und Deutschland. Welch schöne Begegnungen – besonders in Zeiten, in denen an so vielen Orten der Welt Krieg zwischen Menschen verschiedener Herkünfte und Religionen gemacht wird!
One BVBB all nations. Klingt auch schön!
Autor: Florian Münch
Weitere Eindrücke und potenzielle Gründe für die Entwicklung des Vereins folgen in Teil 2. Wenn du deinen Verein gern in den Medien des BVBB vorstellen möchtest, dann wende dich bitte an medien@bvbb-online.de.
English version translated with deepl
The World Gathers – Internationality as a Unique Selling Point
There is a badminton club in Brandenburg and Berlin that seems to do things differently than others. If we look solely at the registration numbers, this doing things differently doesn’t seem to be the worst idea. The club is called VfB Kiefholz and has grown to almost 500 members in the last few years. What a number! It makes the club by far the largest in the BVBB and one of the largest in Germany.
Christian Plunze and I wanted to take a look at this and visited their new gym in Hänselstraße last Wednesday.
Going there, I accidentally left the bus one stop too early and walked through the dark and partly deserted Treptow. From Köpenicker Landstraße through the Eichbuschallee further through through the name-giving Kiefholzstraße and then turning right into Hänselstraße. Outside already dark. Hardly any street lights, only a few people on the road. Past a supermarket and an Asian bistro. Christian is already waiting in front of the gym. His car had taken him right on time to the meeting point directly in front of the hall.
We shake hands, chat briefly and walk the last few meters to the gym. The impressions there are quite different from those in the surrounding area. Everything is new. Bright. Hardly any signs of use. In a way impressive, because so rare (in Berlin). In the hall, two people approach us. They introduce themselves as Hanni (Hannaya-Hanni, Vice President) and Lotti (Eva-Lotta, External Affairs Officer). Henrik (President), who we were in contact with ahead of our visit, is not there yet, we are told. But we are greeted with a smile. Obviously, Henrik had informed them about our visit.
From then on, we learn an enormous amount about VfB Kiefholz and also a few exciting anecdotes from the badminton world; for example, that the Minions (Kevin Sukamuljo and Marcus Gideon, former number one men’s doubles in the world) originally failed to make the cut in their home country and were not in the Indonesia squad at the age of ten. Only after privately paid training for one and an interim stay in Singapore for the other did they make the team. At least that’s what Hanni, himself from Indonesia, tells us.
But back to VfB Kiefholz. Christian and I collect tons of information. Training and free play in three gyms. Cooperation with a school. Recently first time of hosting a tournament within BVBB. Eight people work as coaches in the club. Three participants in the current C-level coaching program. Four people in the club string rackets for members. Kids in the club are between 5-7 year olds. The influx would come among other things by a high listing in google (by much traffic) and by the fact that people, who were once there, often bring friends and family. Club income currently at about 70,000 € through membership fees.
All this seems at least noteworthy. What makes this club special, however, becomes obvious when looking at the origin of its members. There are currently people of 56 different nationalities. About 70% of the members do not have German citizenship. The website, or at least a part of it, is available in ten languages. All forms are available in English. The training language in the gym is English. So even people who do not (yet) know German and indicate this in their contact request, feel comfortable.
This club probably cannot give itself a more appropriate slogan than „One Club all Nations“, which is printed on the sleeve of the jersey. But not only many nations are represented. A long journey to the training sessions is also accepted by some. For example, one club member drives from Spandau to Treptow, and that is by no means the longest journey. One member, we are told, comes from Cottbus every now and then and two people come from Eberswalde to play in VfB Kiefholz.
This above mentioned doing things differently at VfB Kiefholz can’t be so wrong.
I sit down a bit apart on a box and let the impressions work. In the background I can hear Hanni, Lotti, Henrik and Christian talking. „There is little doggedness with us.“ I feel that too and images from my time in other countries arise. It’s probably caused, among other things, by the experience of badminton in addition to the English language of many non-native speakers. But it is also the focus on the court and the ambition of the players that I experience and that somehow seems different than I often know from badminton clubs. I see a certain looseness. Or do I see it especially because I don’t always know it from myself?
A player walks off the court. She is getting water. Our eyes meet. We smile at each other. On the court where she was just playing, there were four people from four different countries: Canada, Philippines, Taiwan and Germany. What beautiful encounters – especially in times when war is being made by people of different origins and religions in so many places in the world!
One BVBB all nations. Sounds nice too!
Author: Florian Münch
More impressions and potential reasons for the development of the club will follow in part 2. If you would like to present your club in the BVBB media, please contact medien@bvbb-online.de.